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Gerold Kraus Erstellt am: 17.06.2003 00:03 Uhr   Titel: Kostenlose Veranstaltungen
Ich bin ein Musiker aus der Karlsruher Szene und schon über 30 Jahre mit Bands unterwegs.
Jetzt am Wochenende blieb vor unserem Gig ein bisschen Zeit, mit Kollegen zu plaudern.
Man sprach über die Szene, Bands, Auftrittsmöglichkeiten, Gage, etc.

Mir ist dabei aufgefallen, dass namhafte Bands sich splitten und weitere Jobs spielen, da die Gagen immer weiter in den Keller gehen.
Auch die Auftragslage bei Firmen ist, wie die momentane Wirtschaftslage, sehr schlecht. Es gibt kaum noch Betriebsfeste, und wenn, dann nicht für die Gage zuvor.

Alle ziehen die Bremse und alle müssen sparen.
Wir Musiker auch - aber wo?

Ich möchte mich an alle Musiker wenden und hinterfragen ob es richtig ist, dass öffentlich rechtliche Rundfunksender, z.B. der SWR 3 am vergangenen Wochenende in Stuttgart, Veranstaltungen mit Spitzenstars durchführen, und dafür null €uro Eintritt nehmen.
Ich nenne das ganz einfach Wettbewerbsverzerrung.
Durch uns Amateure und semiprofessionelle Musiker werden solche Veranstaltungen über die GEZ mitfinanziert.

Und die machen es sich einfach!
Wir zeigen Euch wie man Großkonzerte macht, Werbung - für umme, 3 mal die Stunde über den Sender, und die Zuhörer kommen zu hauf.

Nein nicht der Musikeralltag, nämlich
zu den Gemeinden laufen, Plakatierungsetiketten kaufen, damit man das Plakat aufhängen darf, Zeitungsanzeigen schalten, was? - und der Bildbericht kommt auch nicht in der Wochenzeitung
- obwohl die Konzertbesucher die 5,- €, unten, ganz klein gedruckt, in kauf nehmen?

So, und nun wird's noch komischer.
Die auftretenden Stars in den öffentlichen Rundfunkkonzerten, die müssen natürlich auch deutlich bekannt gemacht werden und trällern mit ihren von den Medien gemachten Hits (na Ja)mehrmals täglich über deren Sender.
Also macht euch keine Hoffnungen, für Neuerscheinungen bleibt da keine Sendezeit, sollte sich irgend eine Band mal mit ihrer selbstfinanzierten CD melden.

Also, klare Absprache: Wer in den Konzerten umme auftritt, bekommt über die Gema durch die Rundfunkeinsätze die Gage in Form der Tantiemen, und die Plattenfirma ist auch zufrieden, wenn viele Zuhörer erreicht werden, das steigert die Verkaufszahlen.

Und wir stehen da und diskutieren, für den guten Zweck, für den die Gemeinde zwei Bands im Wechsel bietet, ob vielleicht noch ein paar Gäste kommen werden, oder ob sich alle auf den Weg nach Stuttgart gemacht haben. Immerhin hat man die 5,-€ Eintritt schnell noch als Unterstützung für einen guten Zweck deklariert.

Na, schon gezahlt?
Das alles klingt wie Ironie, ist es aber nicht.

Ich rufe auf:
Alle Musiker, die steuerlich fürs Musizieren beim Finanzamt gemeldet sind, und Ihre Gagen als gewerbliche Nebeneinkünfte oder sonstwie versteuern müssen, von den Rundfunkgebühren zu befreien.

Ich sehe die Großkonzerte, veranstaltet von öffentlich rechtlichen Sendern, als Wettbewerbsverzerrung gegenüber Konzertagenturen und Musiker.

Durch eine Unterschriftensammlung wäre der Anfang gemacht und man könnte eine Gesetzesänderung herbeiführen.

Wer macht noch in ein paar Jahren auf den Festen Musik?
Da kommt dann der SWR Truck mit dem Radio-DJ
und die guten Bands gibt es nicht mehr.

Mit Gruß
Euer Gerold


Ronnie Schallmeier Erstellt am: 17.06.2003 13:03 Uhr   Titel: [RE] Kostenlose Veranstaltungen
Lieber Gerold,
ich weiß zwar nicht in welchen Band du spielst bzw. gespielt hast, aber vermutlich war die eine oder andere Coverband dabei.
Zuerst freue ich mich mal, daß du meine Meinung über die Massenproduktion von sogenannten „Hits“ teilst. Die Qualität der Musik kann hier nur leiden, wenn sie nicht ganz auf der Strecke bleibt. Neue „Stars“ werden an Fließband produziert, werden reproduzierbar, berechenbar, austauschbar und durch die Medien in die TopTen gepusht (was immer die TopTen heute noch bedeuten sollen). Nur noch selten gibt es echte Originale, die etwas markantes und eigenes in die Welt setzen, das ist sehr bedauerlich, aber es gibt sie zum Glück auch noch und das sollte gefördert werden. Man muss bedenken, daß die Hits, die Coverbands heute spielen, meist (aber weiß Gott nicht immer) auf solche Originale zurückzuführen sind.
Wenn du nun mit deinen Kollegen über „die Szene“ sprichst, dann frage ich mich welche „Szene“ du meinst. Die Auftrittsmöglichkeiten für Coverbands sollten doch eigentlich nicht so schlecht sein. Zumindest bevorzugen die meisten Veranstalter Covers, „weil die die Leute das kennen und hören wollen“ (ich frage mich, wie groß kann der Unterschied zwischen einem Cover und der CD eines DJ’s sein?).
Man muss bedenken, was eine Coverband macht, sie reproduziert (das teilweise auf sehr hohem Niveau, das muß ich schon sagen). Aber wenn ich dann Gagenforderungen von Bands höre, kann ich nicht sagen, dass die Gagen im Keller sind, es sei denn man will davon leben. Der eine oder andere sollte doch mal bedenken, daß die Musik eigentlich als Ausdrucksform eigener Meinungen oder Gefühle entstanden ist, und wenn nicht das dann doch zumindest als Spaß an der Sache. Das Ziel eines Musikers sollte nicht die finanzielle Entlohnung sein, sondern die Musik und die Stimmung bei den Zuschauern. Wenn man davon leben kann, in Ordnung, wenn nicht, haben wir doch alle einen Beruf im anderen Leben und sehen die Musik als das was sie ist: Spaß. Ich spreche hier nicht davon, daß wir jetzt alle für umme spielen müssen. Natürlich sollte man auch ein bissl was verdienen, allein um das etwas abzumildern, was man alles reingesteckt hat. Aber die Gage sollte niemals das Ziel einer Band sein.
Die meisten Bands, die hier im Umkreis ihr eigenes Material präsentieren wollen, spielen oft für weit weniger als Aufwandsentschädigung. Und warum? Weil sie spielen wollen, weil sie auf die Bühne wollen, weil sie mit ihren Zuschauern feiern wollen (jaja, Applaus ist das Brot des Künstlers, wie wahr), und nicht weil sie auf die Gage aus sind.
Doch solange die Veranstalter nicht den Mut aufbringen (ich weiß, finanzielles Risiko und so weiter) auch mal was Neues auf die Bühne zu bringen, solange brauchen wir über die oben genannte Förderung von neuen Musikern, und damit vielleicht auch eine Veränderung in den Medien, nicht zu reden.
Aber zum Glück gibt es auch einige wenige, leider zu wenige, die diesen Mut aufbringen.

Shine on, Ronnie.


Ralf Hanke Erstellt am: 18.06.2003 02:27 Uhr   Titel: [RE] Kostenlose Veranstaltungen
Hallo Gerold, hallo Ronnie!

Bezüglich Non-Coverbands möchte ich an dieser Stelle keine großen Worte verlieren. Ihr habt schon alles wichtige dazu gesagt und ich kann euch (beiden) nur zustimmen.

Zu den Coverbands möchte ich noch folgendes anmerken. Klar, ist es für die meisten von uns nur ein Hobby und da sollte der Spaß im Fordergrund stehen. Das tut es auch in der 11-köpfigen Coverband, in der ich mitwirke. Aber es kann nicht angehen, dass man bei einem Gig drauflegt, weil der Veranstalter jegliches finanzielles Risiko auf die Bands abwälzt. In den letzten Jahren beobachte ich die Tendenz, dass Festgagen zur Seltenheit werden. Meist spielt man auf Eintritt und auch um die Werbung kümmert sich der Veranstalter nicht im Geringsten. Das ist alles andere als fair!
Aber um zum Thema zurückzukommen: Ich gebe dir (Gerold) absolut recht. Solche (kostenlosen) Großveranstaltungen ruinieren kleine Clubgigs. Das braucht man erst gar nicht versuchen schön zu reden. So ist es eben.
Außerdem sehr bedauerlich: Das FEST in Kalsruhe hat sich in den letzten Jahren zum Megaevent mit Superstars (nein, gottseidank nicht die Superstars von RTL) entwickelt. Regionale Bands haben so gut wie keine Chance auf der Hauptbühne ihre Songs zu performen - von Coverbands mal ganz zu schweigen. Mit der Rockshopbühne - die im übrigen super besucht war - kam letztes Jahr ein bisschen "altes Fest"-Feeling zurück. Leider wurde dieses Konzept bereits im Keim erstickt. Versteht mich bitte nicht falsch. Natürlich finde ich es auch toll, wenn auf dem FEST internationale Größen mitwirken. Aber eine gesunde Mischung mit regionalen Bands (welche dieses Fest in den ersten Jahr schließlich zu dem gemacht haben, was es heute ist) wäre auch schön.

Aber vielleicht ist das ja auch ganz gut so. Wenn in ein paar Jahren der "SWR Truck mit dem Radio-DJ" jedes Festzelt unterhält und die guten karlsruher Bands ausgestorben sind, dann gründe ich wieder eine Band. Das hat dann den Vorteil, dass ich mir die paar Auftrittsmöglichkeiten nicht mit 5231231 weiteren Bands teilen muss! ;o)

Keep on rockin'

Ralf